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Die Liebe zum guten Klang verbindet uns.
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Die Liebe zum guten Klang verbindet uns.
Ende 2018 war die Wiener Band Drahthaus eine Woche lang zu Gast im Urhof20 in Niederösterreich, mit dem Ziel dem 100 Jahre alten Hof eine Stimme zu verleihen und dessen einzigartige Geschichte zwischen Zerfall und Belebung, Konstruktion und Dekonstruktion zu erzählen.
Metallrohre, Ziegelsteine, ins Schloss fallende Bunkertüren, knirschende Treppen und allerlei Instrumente aus vergangenen Zeiten erzählen die Geschichte des Anwesens.
Das Ergebnis dieser Arbeit ist die EP "DeConstruct", die auf dem Label monkey erschienen ist. Hier kann man reinhören.
[LEWITT] Wenn man sich das Musikstück anhört, erkennt man die verschiedenen Segmente, die das Haus durchlebt hat. Könnt ihr das Konzept und diese Segmente kurz erklären?
[Drahthaus] Die Grundidee war, dass wir dem Haus eine Stimme verleihen und seine Geschichte erzählen, wodurch die 5 Themenschwerpunkte schon definiert waren:
[LEWITT] Im Zeitraum einer Woche sind die Aufnahmen, aber auch die ganze Kompositionsarbeit abgewickelt worden. Wie war der Ablauf?
[Drahthaus] Wir hatten bei einem Vortreffen bereits gemeinsam ein Grundkonzept ausgearbeitet. Zu Beginn der Woche haben wir dieses Konzept konkretisiert und an die Gegebenheiten des Ortes angepasst. Anschließend haben wir an 3 intensiven Aufnahmetagen alles aufgenommen, was uns über den Weg gelaufen ist. Wir haben in 2 Teams mit jeweils 2 Musikern und einem Techniker gearbeitet. Während der letzten 2 Tage haben wir die Aufnahmen zu Musik verarbeitet. Hier haben wir vier Musiker simultan produziert und sind schlussendlich gemeinsam über alle Teile gegangen.
[LEWITT] Welche Klangerzeuger gab es im Haus, was ist im Stück zu hören?
[Drahthaus] Es gab 20-30 Instrumente vor Ort, da waren auch interessante selbstgebaute Unikate dabei. Ein Instrument war zum Beispiel vom Wiener Künstler Hans Tschiritsch - ein Fass mit dem Hals eines Kontrabass, also quasi ein "Kontra-Fass".
Außerdem hört man das Koshi-Windspiel auf der Aufname gut, sowie ein Monochord und eine Metallharfe, die so klingt wie ein Synthesizer.
Man hört wirklich alles, von zusammenkrachenden Steinen über knirschende Kisten und Bretter, ins Schloss fallende Metalltüren, zerbrechendes Glas und viele verschiedenen Atmo-Aufnahmen von Regen, dem Haus, Menschen, Tag, Nacht und Wasser.
Wir haben eine schwere, hölzerne Tischplatte im Keller gefunden und auf den Betonboden geworfen. Da hat das ganze Haus vibriert. Im Stück ist das der Herzschlag des Hauses.
[LEWITT] Welche Herausforderungen gibt es, wenn man soetwas mikrofoniert?
[Drahthaus] Die erste Hürde war der Zeitdruck, da es schon viel Arbeit in kurzer Zeit zu bewerkstelligen gab.
Eine weitere Herausforderung ergab sich daraus, dass wir viel draußen im Garten aufgenommen haben - dort stand zum Beispiel die Metallharfe – und nebenan ein Bauernhof mit Kühen war. Da mussten wir das eine oder andere Mal warten bis die Kühe ruhig waren.
Außerdem hat man auf den Aufnahmen viele Flugzeuge gehört. Zuerst haben wir noch probiert trocken aufzunehmen. Nach dem zweiten Tag dachten wir uns, dass wir ja eigentlich die Echtheit des Ortes aufnehmen wollten, daher haben wir diese „Störelemente“ mit eingebaut.
Es war sehr experimentell und wir hatten eine schöne Mikrofonauswahl dabei – das LCT 540 S, das MTP 550 DM und das MTP 440 DM, zudem auch ein paar von Schoeps und Sennheiser.
[LEWITT] Wie haben euch die Mikrofone dabei geholfen diese Herausforderungen zu meistern?
[Drahthaus] Beim breiten A/B habn wir das LCT 540 S immer als Stereomitte eingesetzt - in Kombination mit den Schoeps. Normalerweise hätten wir sicher Probleme mit der Stereomitte gehabt, aber das LCT 540 S hat da gut reingepasst, weil es schön klar klingt und den "crisp sound" schön eingefangen hat.
Gerade wenn man unter Zeitdruck steht – wir haben über 50 GB an circa 70 verschiedenen Sounds innerhalb von 3 Tagen aufgenommen – ist es sehr gut, wenn man so ein vielseitiges Mikrofon wie das LCT 540 S hat. Einerseits lassen sich damit extrem laute Geräusche aufnehmen, da es ein Pad zur Absenkung bei -12 dB gibt, andererseits kann man damit auch leise Geräusche verdammt gut aufnehmen – gerade wenn es auch mal schnell gehen muss.
Vor allem der Spielraum bei der Post.Production hat uns die Arbeit erleichtert. Mit dem LCT 540 S kann man auch bei Geräuschen mit sehr leisem Pegel viel rausholen. Als wir Wassertropfen aufgenommen haben, war das Mic wirklich hilfreich.
Die Mitten und Höhen nimmt das LCT 540 S so auf, wie man sie hören will: Klar und deutlich. Es ist sehr vielseitig und auch die Aufnahmen von Beton und Schutt sind echt cool geworden. Wenn man im 1-8k Bereich aufnimmt, denkt man sich bei den meisten Mikrofonen, dass es so wie man es hört doch viel besser klingt, ist dann aber enttäuscht wenn man die Aufnahme hört. Mit dem LCT 540 S hat es allerdings von Anfang an super geklungen. Das gefällt mir daran - es funktioniert einfach.
Auch unabhängig von diesem Projekt verwenden wir das MTP 440 DM am Xylophon auf der Bühne – gerade Instrumente die einen lauten Anschlag und dann eher leise nachhallen kann man mit dem MTP 440 DM gut aufnehmen, da es echt gut mit Transienten umgeht. Bei anderen Mikros würde der Anschlag beim gleichen Gain-Level bereits übersteuern und man müsste viel leiser fahren. Das ist ein spürbarer Unterschied beim MTP 440 DM.
Das Gleiche ist uns auf dem Urhof aufgefallen, als wir die Metallharfe aufgenommen haben. Der Pegel beim Anschlag ist extrem laut, da es ca. 2 Meter lange Stahlseile sind die an einem Metallgerüst hängen. Wir haben die Mikrofone dann in die Zwischenräume der Harfe gehängt, dort war es richtig laut.
[LEWITT] Was habt ihr dieses Jahr noch geplant?
[Drahthaus] Im Sommer sind wir jetzt erst mal auf Tour, da spielen wir auch am Donauinselfest (samstags auf der Eutopia Bühne) und wir arbeiten auch schon an einem neuen Album. Gerade haben wir ein Musikvideo zu unserer Single "Unsquare" raus gebracht.
Drahthaus baut Gebäude aus Klang. Die verspielte, gleichzeitig intuitive wie auch verkopfte musikalische Architektur der Wiener Band verschmelzt labyrinthische Strukturen, geometrische Motive und fließende Formen zu einem audiovisuellen Bauwerk: ein außergewöhnlich breites Spektrum an musikalischen Einflüssen unter einem Dach vereint. Den Baustoff bilden traditionelle und innovative Klangerzeuger, die sowohl im Studio als auch live in einer produktiven Symbiose interagieren.